Montag, 17. August 2020

Fadenwürmer


In einer Zeit, in der immer mehr Baumarten unter Hitze, Dürre, Krankheiten und Schadinsekten leiden, kommt eine weitere Bedrohung immer näher. Ein ursprünglich aus Nordamerika stammender parasitischer Fadenwurm, der Kiefernholznematode Bursaphelenchus xylophilus, ist langsam auf dem Vormarsch in unsere Gefilde.

Im Moment ist sein Vorkommen in Europa auf Portugal, Madeira und Spanien begrenzt, die Wahrscheinlichkeit, dass er es aber in den kommenden Jahren bis nach Deutschland schafft, ist hoch.
Deshalb werden jedes Jahr Proben von geschädigten Kiefern beim Pflanzenschutzamt eingereicht, um diese auf einen Befall durch die Nematoden zu untersuchen.

In der Kiefernkrone werden an einer entrindeten Stelle mit einem Forstner-Bohrer Späne für die Probe entnommen.

Wie kann sich ein so kleiner Wurm (< 1mm) überhaupt so schnell und vor allem weltweit verbreiten? Alleine schafft er das nicht. Er lässt sich von Bockkäfern der Gattung Monochamus von einem zum anderen Baum transportieren.  Unter deren Flügeldecken setzt er sich fest und wenn sich der Käfer in eine Kiefer einbohrt, lässt er sich abstreifen. Die Nematoden beginnen sich in den wasserführenden Zellen des Stammes rasant zu entwickeln. Dadurch sorgen sie für einen Zusammenbruch der Wasserversorgung und der Baum stirbt ab. Absterbende oder frisch abgestorbene Kiefern wiederum sind attraktiver Brutraum für die Bockkäfer, die in das absterbende Holz ihre Eier zur Entwicklung ablegen. Die Nematoden besiedeln die jungen, sich entwickelnden Käfer und verbreiten sich so, bei deren Ausflug, wieder weiter. Auch über den Transport befallenen Holzes kann sich die Kiefernholznematode verbreiten. Kiefernbestände in der Nähe von Autobahnen oder Holzimporteuren gelten deswegen als besonders gefährdet. 

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Kiefernholznematode Bursaphelenchus xylophilus; Kleines Bild: Kopfregion eines Nematoden.
Quelle: https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/schaden/invasive/lwf_kiefernholznematode/index_DE


Einen Befall erkennen kann man ohne eine Laboruntersuchung nicht. Aber es gibt einige Symptome, die auf einen Befall hindeuten können. Zu ihnen zählen der Rückgang der Harzproduktion, eine rötlichbraune Nadelverfärbung, wobei die Nadeln jedoch am Baum verbleiben, und ein schnelles Absterben des gesamten Baumes innerhalb von zwei bis drei Monaten (bei Temperaturen über 20°C).

Relevant ist die Kiefernholznematode in Deutschland vor allem für die Gemeine Waldkiefer (Pinus sylvestris) und die Schwarzkiefer (Pinus nigra). Kiefernarten wie die Strand-, Berg- oder Aleppokiefer werden zwar auch befallen, spielen aber inder Forstwirtschaft in Deutschland so gut wie keine Rolle. Andere Nadelbaumarten wie Lärchen, Tannen, Fichten oder Douglasien werden nur in sehr seltenen Fällen befallen.

Freitag, 8. Mai 2020

Klimakrise im Wald

Es ist Frühling bei uns, überall sprießen die Pflanzen und die Bäume schlagen aus. Alles wie immer, könnte man meinen.

Aber dem ist leider nicht so.

Nach zwei wahnsinnig trockenen Jahren steuern wir auf das dritte Dürrejahr in Folge zu. Mit schwerwiegenden Folgen für den Wald.

Nach den typischen Herbst- und Winterstürmen folgte in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Trockenheit auch immer noch ein gravierender Borkenkäferbefall.
Dass Fichtenwälder mit Hitze und Trockenheit nicht zurechtkommen, ist hinlänglich bekannt. Die Fichte ist eben doch eine Baumart, die eher in kälteren und feuchteren Klimaten zuhause ist. Bei uns hat sie so lange gute Erträge erbracht, wie das Klima noch einigermaßen für sie passte. In Zeiten des Klimawandels mit immer häufigeren und längeren Dürre- und Hitzeperiode kann sie kaum bestehen. Ihr fehlt nicht nur das Wasser in den oberen Bodenschichten, in denen der Flachwurzler es sich erschließen kann, sondern sie muss auch mit dem durch die Wärme massiv profitierenden Borkenkäfer kämpfen. Aufgrund des fortwährenden Wassermangels ist die Fichte so geschwächt, dass sie sich aus eigener Kraft nicht mehr gegen den kleinen Käfer und seine Larven wehren kann.

Einen Borkenkäfer-Befall kann man oft schon aus der Ferne erkennen. Handelt man nicht frühzeitig, kann sich der Käfer so im gesamten Fichtenbestand ausbreiten und zu dessen Absterben führen.
Aber auch andere Baumarten wie beispielsweise die Buche haben mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Die sonst so robuste Baumart, deren Standortamplitude normalerweise sehr breit gefächert ist, kommt mit Klimaextremen überhaupt nicht zu recht. Sie verkraftet weder zu viel Wasser noch zu ausgedehnte Dürren und lange Hitzeperioden. Letztere konnten wir in den letzten zwei Jahren in ganz Deutschland ja sogar ganz Europa beobachten. Und auch 2020 schickt sich an, zu warm und zu trocken zu werden. Für Buchen bedeutet das, dass sie oft bereits im August anfangen, ihr Laub abzuwerfen. Buchen die nach Windwurfereignissen auf einmal sonnenexponiert stehen, haben zudem massive Probleme mit Sonnenbrand und auf diesen folgende Pilzerkrankungen.


Querschnitt durch eine pilzzerfressene Buche. Der Pilz, hier an den schwarzen Linien zu erkennen, zerstört die Struktur des Holzes und entwertet dieses.
Der Waldbau bzw. die Forstwirtschaft wird sich in den kommenden Jahrzehnten in ihrer Baumartenwahl deutlich ändern (müssen).

Samstag, 2. Mai 2020

Atypische Weidemyopathie


Der Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) ist eine Baumart, die in unserer Gegend gerne als Waldbaum gepflanzt wird, weil er gut auf unsere Standorte passt. Da er hier so gut wächst, produziert er Jahr für Jahr Tausende Samen, aus denen wiederum im Frühjahr neue Ahornbäumchen wachsen.

Keimling eines Berg-Ahorns

Im Wald ist das kein Problem. Im Gegenteil, dort freuen wir uns über so viel Naturverjüngung. Steht der Berg-Ahorn jedoch nicht im Wald, sondern neben einer Pferdeweide, kann das zu einem für Pferde tödlichen Problem werden.

Aber was genau ist so gefährlich?

In den Samen des Ahorns und in seinen Keimlingen ist die Aminosäure Hypoglycin A enthalten. Dieser Stoff ist für sich genommen nicht giftig. Nimmt ein Pferd das Hypoglycin A jedoch während der Nahrungsaufnahme auf, wird es durch dessen Abbau in der Leber zu dem hochtoxischen MCPA (Methylencyclopropylacetic). Dieses Nervengift sorgt dafür, dass wichtige Enzyme im Fettstoffwechsel der Pferde gehemmt werden und stört so die Energiebereitstellung für die Muskeln.

Keimling mit Primärblättern
Laut der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo Hannover) ist die Hypoglycin A-Konzentration in den Ahornkeimlingen so hoch, dass schon die Aufnahme von nur etwa 40 Stück für ein 500 kg-Pferd tödlich sein kann. Es ist also Vorsicht geboten.

Auch in den Flügelsamen des Berg-Ahorns ist das Hypoglycin A enthalten.
Was kann man tun, um dieser meist tödlichen Krankheit vorzubeugen?

Die Samen und Keimlinge werden vor allem dann von Pferden gefressen, wenn die Koppeln schon sehr stark abgeweidet sind bzw. das Gras zu kurz gemäht wurde. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass rechtzeitig die Weide gewechselt oder so zugefüttert werden muss, dass für die Pferde gar nicht erst die Notwendigkeit entsteht, die kleinen Ahorne zu fressen. Zusätzlich können auf den Weiden im Herbst und Frühjahr die Samen und Keimlinge abgesammelt werden. Auch über eine Fällung der alten Ahornbäume muss nachgedacht werden, denn wo kein Ahorn steht, können auch keine Samen fallen.